Ortsgeschichte

Aus der Festschrift von 1913 des Gesangsvereins Germania Wallau
verfasst von: Pfarrer Theodor Vömel
Von 1910-1919 Pfarrer in Wallau

Im Königssondergau gründete Karl der Große, der eifrige Förderer des Christentums, das Kloster zu Bleidenstadt ( um 780), das er zu seiner Unterhaltung mit reichen Besitzungen in näherer und weiterer Umgebung ausstattete. Zum Besitz dieses Klosters gehörte früh schon das Dorf Wallau. Das Eigentum des Klosters Bleidenstadt hatte Karl der Große von der Gerichtsbarkeit der Gaugrafen befreit, sodass das Kloster selbst alle Gerichtsbarkeit, auch den Blutbann, ausübte. Weil aber die Aebte als geistliche Herren nicht persönlich Recht über Leben und Tod sprechen mochten und konnten, so bestellten sie allgemein einen mächtigen weltlichen Herren der Umgegend zu ihrem Voigt (Vogt), der in ihrem Namen die Gerichtsbarkeit ausübte und zugleich dem Kloster weltlichen Schutz für seine Besitzungen gewährte. Für Wallau waren des Klosters Vögte die Herren von Eppstein, denen später das Kloster und das Dorf zu Lehen übertrug. Sie waren von allen ihren Gütern in Wallau dem Kloster Bleidenstadt zinspflichtig; 1306 kauften die Eppsteiner sich von dieser Zinspflicht frei. Für ihre großen Güter in hiesiger Gemarkung hatten sie hier einen Hof, den sie später an Johann Marschall von Lorch verkauften. 1342 verpfänden sie dem Lorcher auch das ganze Dorf für 2100 Pfund Heller und geben ihm die Erlaubnis das Dorf mit Mauer, Graben und Planken zu befestigen; doch muß er versprechen, diese Befestigung nie gegen Eppstein zu gebrauchen. 1366 wird der Hof mit den Gütern an die Herren von Kronberg (Kronberg am Taunus) verkauft, und bis heute erscheinen die Grundstücke in den Flurbüchern und im Volksmund als Güter der „Junkherren von Kronberg“, Kronberger Gut. 1389 wurde der Kronberger Hof in Wallau von den Frankfurtern in ihrer berühmt gewordenen Fehde mit den Krobergern eingeäschert.
1445 verkauften die Kronberger ihren Hof in Wallau an Graf Philipp den Aelteren von Katzenelnbogen. Später war er im Besitz der Herren von Dalberg, von welchen ihn die Gemeinde in Erbpacht übernahm gegen den Pachtbetrag von jährlich 200 Malter Hafer. 1809 löste die Gemeinde die Erbpacht ab und wurde so Besitzer des reichen Gutes. Die Gemeinde wußte wohl, warum sie trotz der schweren Kriegszeiten mit ihren großen Anforderungen an den Gemeindesäckel sich auf ein so großes geschäft einließ (der Ankaufspreis war 15 000 Gulden!): sie verkaufte einen Teil der Grundstücke an Ortsbürger, wobei die Kaufsumme wieder heraussprang, und behielt noch einen schönen Besitz an Ackerland, Wiesen, Weinbergen und Wald als Gemeindeeigentum zurück. (Aus Gemeinderechnungen: Unkosten beim Verkauf des Kroneberger Guts 84 Gulden; erstes Ziel vom Kroneberger Guts 987 Gulden, Weinkaufsgeld vom Kroneberger Gut im Nordestädter Feld 40 Gulden, Igstatter Feld 46 Gulden, Delkenheimer Feld 30 Gulden)
Auch das Kloster Bleidenstadt hatte hier große Güter
und einen Hof, die es durch einen Pächter (Hofmann), gegen bestimmte Abgaben bestellen ließ. Die Hofgebäude (Klosterhof, Abthof, Stiftshof, Bleidenstädter Hof) sind heute noch vorhanden, zwischen dem Rathaus und der Gastwirtschaft
zum Deutschen Haus gelegen; über dem Hoftor ist noch die alte Inschrift zu sehen S.Ferrutius (der Schutzheilige des Klosters) und seine Darstellung als Rittersmann mit Helmschmuck, Schwert und Lanze, und in der Gemarkung stößt man immer noch auf alte Grenzsteine mit dem Besitszeichen S B (Stift Bleidenstadt).- Nach Auflösung des Stifts Bleidenstadt 1801 (das Mönchskloster war 1495 wegen Sittenverfalls in ein weltliches Ritterstift verwandelt worden; die Stiftsherren wohnten seit Zerstörung des Klosters durch die Schweden 1632 in Mainz) fiel sein Besitz an Nassau. Der hiesige Bleidenstädter Hof wurde von der nassauischen Domäne verkauft und ist jetzt im Besitz der Familie Paul; auch die Grundstücke wurden im einzelnen verkauft.
Neben den genannten Höfen und Gütern finden sich —- das sei hier gleich angefügt —- noch in den Flurbüchern vermerkt Besitzungen der Herren von Hochweisel, Hattenstein Greiffenklau u. a. Reich begütert war auch die Herrschaft der Herren von Hessen;

Übersicht aus der Chronik  von Johann Philipp Schleicher (bis 1942)
*17.4.1854   †25.1.1945

950:    Wallau wird erstmals auf einer Urkunde erwähnt.
1180:    Die Herren von Eppstein kauften den“Schafhof“
1258:    Die Kirche, die noch zum Kloster Bleidenstadt gehörte, wurde     erstmalig erwähnt.
1306:    Die Eppsteiner kauften sich von der Zinspflicht(Kloster Bleidenstadt) frei.
1311:    Es wird ein Ritter Cuntzmann von Wallau genannt.
1339:    Gottfried V. von Eppstein verkaufte den „alten Hof“ an Johann Marschall von Lorch.
1342:    Das ganze Dorf wird für 2100 Pfund Heller an Marschall von Lorch verpfändet.
1342:    Marschal von Lorch erhielt die Erlaubnis (von Eppstein), das Dorf mit Mauern (Pfortenbereich), Graben und Planken zu befestigen.
1371:    Der alte Hof (heute: Restaurant Alter Hof) kommt in die Hände von Ulrich von Kronberg und wird zum „Kronberger Hof“.
1389:    Anlässlich der Fehde zwischen Frankfurt und Kronberg wurde der „Kronberger Hof“ niedergebrannt.
1445:    Der Kronberger Hof wird an Philipp den Älteren von Katzenelnbogen verkauft.
1492:    Das Ländchen wird für 64.000 Gulden an den Landgraf Wilhelm II. von Hessen verkauft.
1524:    Philipp I. von Hessen wird nach einigen Erbstreitigkeiten Landesherr.
1530:    Erster evangelischer Pfarrer (Johannes Kumany).
1563:    Lateinschule wird eingerichtet.
1572:    In Wallau wird ein Wochenmarkt eingerichtet.
1631:    Der Schwedenkönig Gustav Adolf ist im Ländche.
1635:    Ein großer Brand und anschließend die Pest wütet in Wallau. Es leben nur noch 15 Familien in Wallau.
1643:    Das Amt Eppstein wird nach Wallau verlegt. Wallau wird zum wirtschaftlichen und politischen Mittelpunkt.
1656:    Die Landgräfin Johannette zieht nach Wallau. Vier Jahre führte die 25jährige Witwe des Landgrafen Johann von Hessen in Wallau einen fürstlichen Hofstaat.
1678:    Drei große Brände in Wallau. Bis auf eine Scheuer wird das ganze Dorf in Schutt und Asche gelegt.
1697:    Die meisten Hofraithen sind wieder aufgebaut. Die Einwohnerzahl beträgt 332 Personen.
1730:    Es wird ein neues Rathaus errichtet.
1730-33: Der „Hattensteiner Hof“ wird von dem Oberförster Heinrich Lotz aus Langenhain erbaut.
1741-42: Eine neue Kirche wird gebaut. Die Einweihung ist am 7.Oktober 1742.
1753:    Die Barockorgel von Johann C. Köhler wird eingebaut.
1767:    Das Obergeschoss des Herrenhauses wird wegen Baufälligkeit in Fachwerkbauweise neu errichtet.
1779:    Auf dem Garten „Neideck“ wird das Recepturgebäude mit Mitterhäuschen errichtet.
18. Jh.: Die Grafen von Königsmark werden im Herrenhaus ansässig.
1803:    Der Fürst von Nassau erhält vom Landgrafen Ludwig X. das Amt Wallau.
1813:    Napoleon richtete beim Rückzug in Wallau großen Schaden an.
1816:    Lateinschule wird aufgelöst.
1817:    Das Amt Wallau kam nach Hochheim.
1866:    Wallau kam zu Preußen. In der Receptur wurde das preußische Rentamt untergebracht. Wallau hat 909 Einwohner.
1896:    Die Gemeinde kauft das Recepturgebäude. Das Rathaus wird in der Receptur untergebracht. Eine Apotheke und eine Arztpraxis ist in Wallau schon vorhanden.
1914-18: Während des ersten Weltkriegs fallen viele Wallauer Bürger oder werden vermisst.
1938:    Die Synagoge wird geschändet.
1942:    Neun jüdische Mitbürger werden verschleppt und umgebracht.
1943:    Nach einem Luftangriff brennen elf Scheuen und ein Teil der Receptur nieder.
1944:    Ein deutsches Flugzeug stößt gegen den Kirchturm. Eine Brandbombe zerstört das Nordportal der Kirche und den Eingang zum Totenhof.
1945:    Am 25.01. stirbt Johann Philipp Schleicher
1945:    Das Kriegsende bringt eine traurige Bilanz gefallener Wallauer Männer. 450 Heimatvertriebene, größtenteils aus Ungarn und dem Sudetenland, siedelten in Wallau an.
1950:    Wallau feiert sein 1000-jähriges Jubiläum; unbestritten eines der eindrucksvollsten Feste unserer Gemeinde. Wallau hat 1480 Einwohner.
1970:    Gewerbegebiet wird ausgewiesen.
1972:    Die Sport- und Kulturhalle wird eingeweiht.
1975:    Die Sportanlage wird eingeweiht und der Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses begonnen.
1977:    Eingemeindung nach Hofheim.

Text von Erwin Born
Nach dem zweiten Weltkrieg bis heute hat Wallau den größten Wandel seiner Zeit erlebt. Während bis 1948 trotz gewisser Veränderungen die Landwirtschaft und die damit verbundenen Handwerksbetriebe Lebensgrundlage waren, änderte sich dies nun drastisch. Nur noch sieben Vollerwerbs- und einige Nebenerwerbsbauern bewirtschaften heute die von ehemals 850 ha auf ca. 450 ha geschrumpfte, landwirtschaftliche zu bewirtschaftende Fläche. Die nach Kriegsende hinzugekommenen Heimatvertriebenen machten die Ausweisung von Wohngebieten notwendig. Bedingt durch die günstige Lage in Autobahnnähe zwischen Wiesbaden, Mainz und Frankfurt und wegen der Nachfrage von preiswertem Bauland wurden neben zusätzlichen Wohngebieten auch Gewerbegebiete erschlossen. Die aufgezeigte Entwicklung brachte auch negative Erscheinungen, wozu vor allem die Verkehrsbelastung zählt. Beim Ortsstraßenbau wurde zudem, im allgemeinen Trend, mehr an Autos als an Menschen gedacht. Im Rahmen des hessischen Programms „Einfache Stadterneuerung“ wird dem seit 1984 in Wallau Rechnung getragen. Ziel des Programms ist vorrangig, die Verbesserung der Wohn- und Wohnumfeldverhältnisse im privaten und öffentlichen Bereich zu fördern.

Keltenfunde
1873 wurde erstmalig, auf dem Totenhof an der Kirche, Relikte gefunden die auf ein fränkisches Kriegergrab hinweisen.
1959/60 wurden am westlichen Ortsrand bei Ausschachtungsarbeiten zwei weitere Gräber aus der Keltenzeit entdeckt. Im ersten Grab fand Arno Metzler ein 110 cm langes und 4 cm breites Schwert mit Mittelrippe, eine eiserne Speerspitze mit Tülle, Teile eines Schilbuckels, eine Urne, ein Hals eines Kruges und eine eiserne Schafsscheren (ca 30 cm lang). Im zweiten Graben (Frauengrab) wurde neben Eisenteile auch ein Ring aus Bronze gefunden. All diese Gegenstände weisen darauf hin, dass auf der Gemarkung Wallau schon vor Christus Ansiedlungen vorhanden waren.

Unser Wappen
In Anlehnung auf die obengenannten Relikte, wurde das Wappen von Adolf Metzler und einem Heraldiker entworfen. Daraufhin gab der Hessische Minister des Innern am 16.08.1971 die Wappengenehmigung mit dieser Urkunde: „Im Namen des Landes Hessen erteile ich der Gemeinde Wallau im Maintaunuskreis, Regierungsbezirk Darmstadt, gem. § 14, Ansatz 1, der Hessischen Gemeindeordnung in der Fassung vom 1. Juli 1960 (GVB 1.S.103) die Genehmigung, das nachstehende beschriebene Wappen zu führen: In Blau zwischen je zwei W-förmigen gekreuzten silbernen Schafscheren ein silberner Schräglinksbalken, belegt mit einem Schwert.“ Historische Farben wurden gewählt: Rot und Silber sind zugleich, die eppsteinische und hessischen Farben; Blau und Silber sind die Farben der Herren von Kronberg. Zwei der im Juni 1959 am Südwestrand des Ortes (heute: Friedrich-Ebert-Straße) gefundenen Beigaben eines Männer-Keltengrabes, das Langschwert und die Schafschere, waren jene Funde, die bei der Wappengestaltung zugrunde gelegt wurden. Das Wallauer Wappen geht auf diese ältesten Beweise einer Ansiedlung zurück. Die Schafschere ist verdoppelt und bildet die Form eines „W“, den Anfangsbuchstaben des Dorfnamens.

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